Alte Musik trifft auf Moderne
Wieder einmal gab es in der Reihe „erstKlassiK“ am 27. April im Gemeindesaal Hallbergmoos ein besonderes Konzertereignis.
Das herausragende Trioensemble „Sprezzatura 22“ aus Berlin mit der baskischen Sängerin June Telletxea, dem Lautenisten Andreas Arend und dem Percussionisten Wolfgang Eger führte ein überschaubares, aber erlesenes Publikum von den Anfängen abendländischer Musik mit deutlichem Bezug zu orientalischen Klängen bis in unsere Zeit.
Das Motto des Abends: „Gegen den Lauf der Dinge“ bezieht sich auf die Motette „Praeter rerum seriem“ des Renaissance -Komponisten Josquin des Prez, die das Programm eröffnete.
Dieser folgten Kompositionen altitalienischer Künstler wie Caccini, Frescobaldi und Kapsperger, weiter auch Gregorianik und traditionelle Gesänge aus dem Baskenland, Irland und dem Mittelmeerraum. Beiträge mit der Lust am gesprochenen Wort und Eigenkompositionen, mit Anleihen an Jazz und Folk bereicherten das Programm der Gruppe.
Da ist zum einen die Sängerin June Telletxea, die Alte Musik in Basel studierte und mit der Gesangstechnik ihrer baskischen Heimat verwurzelt blieb. Dazu kommt ihre erweiterte Ausbildung in den Fächern Tanz und Theater, bemerkbar, wenn sie sich nach einer sehr berührend vorgetragenen unbegleiteten Liedstrophe in tänzerische Bewegung setzt, sich auffordernd ihren Partnern zuwendet – und plötzlich eine kleine Opernszene entsteht.
Mit wacher Aufmerksamkeit setzte der Percussionist Wolfgang Eger sein reichhaltiges Instrumentarium ein. Ihm wird alles zum Klang, sogar ein mit Wasser gefülltes Weinglas!
Das Schlüsselinstrument für eine verzaubernde Klangwelt ist die von Andreas Arend mitentwickelte „Lyra Polyversalis“, die sowohl gezupft, geschlagen, aber auch mit einem Bogen gestrichen wird. Von Arend so höchst virtuos und in inspirierter Weise gespielt, lässt sich kaum nachvollziehen, wie er diese vielfältigen, geheimnisvollen, schwebenden, aber auch rauen Klänge hervorbringen kann.
Aber das Resultat, gepaart mit hoher Improvisationskunst, ergibt im Zusammenspiel mit Gesang und Percussion ein ungemein lebendiges, mitreißendes Musizieren, in der Klänge der Alten Musik mit dem Erfindungsreichtum der Moderne verschmelzen. Die atemlos lauschenden Zuhörer erlebten eine einmalige Tonsprache, die keiner einzelnen Epoche mehr zuzuordnen ist – eben, lebendige Musik unserer Zeit – gerade neu entstanden.
Nicht enden wollender Beifall, viele Zugaben, mit immer neuen Aspekten, und nur der Hinweis, dass Musiker auch mal essen müssen, beendete den denkwürdigen und höchst vergnüglichen Abend.
AK, Konzertbesucher